Das Trainersein ist nicht immer schön und vor allem schon gar nicht leicht – schon viele sind an derartigen Aufgaben verschlissen. In Deutschlands Floorballlandschaft existiert nahezu kein Trainermarkt. Wie geht es nun also auf der wichtigsten Position in unserem Bundesligateam weiter? Ein Interview mit unserem „neuen“ Trainer.
In Teil 1 unserer kleinen Trainerdiskussion (LINK) widmeten wir uns ein wenig der Aufbereitung vergangener Saison aus Trainersicht. Der ernüchternde Weg vom hämisch beäugten Play-Down Kandidaten zum selbstbewussten PlayOff-Halbfinalisten wurde nochmals rekapituliert. Nun ist Sie auch offiziell eingeläutet – die Saisonpause. Der Trainer für die kommende Saison steht nun auch endgültig fest. Der über die vergangenen 2 Jahre vom assistierenden Co-Trainer zum Chef aufgestiegene Mattias Persson setzt seine Mission fort. Mit seiner Unterschrift Anfang Mai gibt der „neue Coach“ ein klares Zeichen an die Mannschaft und Konkurrenz – beim MFBC Leipzig wird konsequent am eingeschlagenen Weg festgehalten.
Wir haben unseren Coach zum Interview gebeten:
MFBC: Matze, zunächst gratulieren wir dir und dem Team für den Gewinn der Bronzemedaille nach dieser gefühlt ewig langen Saison. Über die komplette Spielzeit gesehen, zeigte das Team, wie schon häufig, eine sehr schwankende Performance. Mit welchem Gefühl geht man als Trainer aus einem solch intensiven Jahr?
M.P.: Mit einem sehr positiven Gefühl. Den dritten Platz hätte ich zwar vor der Saison nicht genommen – Anfang dieses Jahres wiederum schon. Wir haben eine Hinrunde hingelegt, die für unsere Maßstäbe einfach nicht akzeptabel war. Danach sitzen Verzweiflung und Frust sehr tief und man fängt an als individueller Spieler und als Team an sich zu zweifeln. So gesehen ist es eine verdammt starke Leistung, wenn man sich aus dem Tief so herauskämpft, wie es diese Mannschaft getan hat. Und genau das ist eine Eigenschaft, mit der man sehr gut weiterarbeiten kann und mich eben sehr positiv stimmt.
MFBC: Gehen wir zum Anfang zurück. Vor knapp 2 Jahren begann dein Engagement als Co-Trainer an der Seite von Felix Friedrich. Als Kapitän und dienstältester Bundesligaspieler vom Spielfeld also ohne Umwege hinter die Bande – wie lief diese Umstellung für dich persönlich und wie beurteilst du die anfängliche Arbeit als Bestandteil eines „unerfahrenen“ Trainerteams?
M.P.: Naja, anfänglich habe ich das Spielen schon sehr vermisst. Das war mit Abstand das schwierigste: Akzeptieren zu müssen, dass man nicht direkt auf dem Spielfeld eingreifen kann. Nach über 20 Jahren auf dem Parkett ist das schon hart. Aber irgendwann musste ich die Entscheidung treffen. Im Nachhinein betrachtet war es auch der richtige Zeitpunkt. Dann kam Dix als frisch erkorener Headcoach auf mich mit dem Wunsch zu, mich als beratendes Bindeglied zur Mannschaft im Trainerstab dabei zu haben. Da sich seine Anforderungen mit meiner Vorstellung, etwas kürzer zu treten und mich mehr um die Familie zu kümmern gut gedeckt hat, habe ich zugesagt. Ich habe im ersten gemeinsamen Jahr quasi eine sehr freie und stressfreie Rolle gehabt, während Dix die Arbeit gemacht hat.
MFBC: Nach dem Lehrjahr ging es für dich und Felix in die zweite gemeinsame Saison – die Lehren hattet ihr für euch augenscheinlich zufriedenstellend gezogen. Dann folgte dennoch eine Halbserie zum Haare raufen. Was lief aus deiner Sicht schief und wie verarbeitet man als Trainer eine solche Reihe an Negativerfahrungen?
M.P.: Das hatten wir definitiv. Nach dem bitteren Aus gegen Kaufering im Viertelfinale im vergangenen Jahr war uns klar, dass sich etwas ändern musste. Wir haben in Leipzig zwar immer viele talentierte Spieler gehabt und immer mit Leidenschaft und Herz gespielt. Das hat uns in der Vergangenheit zwar immer ziemlich weit gebracht und machte uns gleich wahnsinnig unberechenbar, aber die Konkurrenz schläft natürlich nicht. Die Mannschaften dieser Liga entwickeln sich immer weiter und wenn du stagnierst, wirst du heutzutage entweder eingeholt oder verlierst schneller an Boden als man denkt. Aus dem Grund haben wir beschlossen, das Spiel der Mannschaft von Grund auf neu aufzubauen. Eine Mammutaufgabe, die nicht über Nacht zu erledigen ist. Diesen zeitlichen Aspekt haben wir beide jedoch etwas unterschätzt. Und wir waren vielleicht etwas naiv als wir dachten, dass die Umsetzung schneller gehen würde. Wir haben schmerzhaft lernen müssen, dass es eben dauert, bis eine Mannschaft Vertrauen in einer Taktik aufgebaut hat und jeder weiß, was er auf dem Feld zu tun hat. Da kann man aber zwei unerfahrenen Trainern weniger einen Vorwurf machen. Wenigstens haben wir den Mut zur Veränderung gehabt! Nachher ist man aber wie immer schlauer. Zurückblickend hätten wir m.E. eher anfangen müssen, ein klares und durchdefiniertes Spielsystem schrittweise und in Ruhe einzuführen. Am Ende muss es ein harmonisches Zusammenspiel der Mannschaftsteile ergeben. Nur dann funktioniert es und es braucht seine Zeit.
MFBC: Mit dem wohl besten Kader der 9-jährigen Geschichte und Platz 8 nach der Hinrunde bereiteten auch dem Vereinsvorstand große Kopfschmerzen. Als Konsequenz nahm man deinen „Chef“ nach intensiven Überlegungen aus der Verantwortung und erkor dich quasi unterm Weihnachtsbaum zum Boss. Wie hast du diese Entscheidung damals aufgenommen und was war deine erste Amtshandlung?
M.P.: Ich habe es während meines Weihnachtsurlaubs in Schweden erfahren und war etwas überrascht. Es tat mir schon für meinen Trainerkollegen leid, da er mit so viel Herzblut dabei war und so viel Zeit investiert hat. Ich glaube, die Mannschaft hat durch den Schritt aber auch endlich den Ernst der Lage verinnerlicht. Letztendlich habe ich aber nichts anderes gemacht als da weiter zu machen, wo wir vor Weihnachten aufgehört hatten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es funktionierte.
MFBC: Das Team startete eine Aufholjagd und konnte alle Mitkonkurrenten um die Viertelfinalplätze schlagen – am Spielkonzept hatte sich allerdings nichts Wesentliches geändert. Was waren die Zutaten für diese gelungene Wandlung vom PlayDown-Kandidaten zum ernsthaften Konkurrenten?
M.P.: Positives Denken, der Glaube an unser System, ein bisschen Emil Forsberg und verdammt viel „jävlaranamma!!“ – jetzt zeigen wir es euch!!! Dazu natürlich viel Geschlossenheit: Hätte die Mannschaft es nicht verstanden als Gemeinschaft zu arbeiten, hätten wir nicht Platz drei erreicht. Nicht nur das. Wir sind jetzt wesentlich stabiler als vor einem halben Jahr. Das ist schon ein gutes Gefühl.
MFBC: Nun wird Mattias Persson in seine dritte Trainersaison gehen – Verein, Spieler und Fans dürften bei dieser Nachricht hocherfreut sein. Mit 2 Jahren Erfahrung dürfen wir sicherlich von einem „neuen“ Trainer sprechen. Was hast du bis heute lernen dürfen, worauf kommt es als Trainer beim MFBC an und wie schätzt du die Entwicklung des Vereins allgemein ein?
M.P.: Ich freue mich auch. Diesmal sogar mehr als die Jahre zuvor. Ich fühle mich gut vorbereitet und habe ein Erfolgserlebnis im Rücken. Das stärkt mein Selbstvertrauen und spornt an, mich selbst als Trainer und die Mannschaft weiter zu entwickeln. Ich musste insbesondere nach dem Rücktritt von Dix erfahren, wie wahnsinnig zeitintensiv die Arbeit als Trainier ist. Man muss so tief in der Materie stecken und auf alle Eventualitäten nicht nur im Spiel sondern auch im Training vorbereitet sein. Man muss ein sehr, sehr genaues Bild von der eigenen Spielidee haben, damit man immer eine Antwort parat hat. Ich glaube das ist der Schlüssel zum Erfolg eines Trainers, ob beim MFBC oder woanders: Immer einen Schritt voraus sein. Entweder hat man da hellseherische Fähigkeiten oder man beschäftigt sich ordentlich mit der Materie und bereitet sich verdammt gut vor.
Der Verein entwickelt sich seit gut anderthalb, zwei Jahren sehr positiv. Ich als alter Hase spüre endlich wieder einen ähnlichen Geist wie zu den „guten alten Zeiten.“ Das freut mich sehr und es macht meine Arbeit etwas leichter. Wir sind auf einem guten Weg, wieder ein sehr respektabler Verein zu werden.
MFBC: Zweifacher Familienvater und Ehemann, Arbeitstier und dann noch Lehrmeister für einen Haufen individuell-hochanspruchsvoller Kerle. Dem gebührt großer Respekt und Dank Mattias. Wie schaffst du das und für welche Aufgaben wünschst du dir in Zukunft mehr Unterstützung?
M.P.: Danke! Viel von dem Respekt und dem Dank muss ich aber weitergeben, denn ohne die Unterstützung im Trainerstab würde es gar nicht gehen. Dazu kommt viel Verständnis für den und Freude am Sport in der Familie. Was für Voraussetzungen! Im Grunde bin ich aber eigentlich sehr faul. Deswegen versuche ich im Team die Last auf mehreren, vertrauensvollen Schultern zu verteilen. Finde ich jedoch Aufgaben, die mir Spaß machen, lege ich richtig los – die Traineraufgabe gehört dazu. Ehemann und Familienvater bin ich auch ganz gern. ;)
Für die kommende Saison möchte ich noch jemand dabei haben, der die ganze Organisation um das Team herum übernimmt (Logistik, Helfereinsätze, Materialverantwortlicher,…) und damit ein wichtiges Teil unseres Teams sein wird. Eine ehrenvolle Aufgabe – Bewerbungen werden ab sofort angenommen!
MFBC: Einen Co-Trainer gibt es zum aktuellen Zeitpunkt leider noch nicht, Silke Unger wird sich nach diesem halben Jahr an deiner Seite wieder dem Privatleben zuwenden. Gibt es schon aussichtsreiche Kandidaten für die begehrte Stelle an deiner Seite und ab wann wirst du das Team auf die kommende Saison vorbereiten?
M.P.: Zunächst auch an dieser Stelle ein großes Dankeschön an Silke! Es hat Spaß gemacht, von ihr Input zu bekommen und mit ihr zu arbeiten. Sie hat immer einen sehr kritischen Blick und scheut sich auch nicht unangenehme Wahrheiten anzusprechen. Damit hat sie einen wichtigen Anteil am Comeback gehabt. Ich weiß auch, dass es ihr großen Spaß gemacht hat. Wer ihre Aufgabe übernehmen wird, wird sich hoffentlich in den nächsten Wochen klären. Ich habe meine Fühler nach Wunschkandidaten ausgestreckt. Es steht aber noch nichts fest. Schließlich muss es für beide Seiten passen.
Unsere Saisonvorbereitung geht in ca. zwei Wochen los. Wir wollen nicht allzu viel Zeit verlieren und besser auf die kommende Saison vorbereitet sein. Falko wird in Zusammenarbeit mit unseren Partnern ein schönes Programm für die Spieler zusammenstellen. Wie es aussehen wird, weiß ich nicht im Detail: Ich habe Falko meine Wünsche für den perfekten Spieler geäußert – er ist der Experte für die Umsetzung! Ich bin höchstens als Motivator dabei.
MFBC: Zum Ende des Interviews sollst du mit großem Applaus in den wohlverdienten Urlaub entlassen werden. Verrat uns doch wohin es gehen wird. Genieß die Ruhe solange du es kannst – spätestens im September geht es wieder um Sieg oder Niederlage. Danke Mattias.
M.P.: Diesmal gönnen wir uns ganze drei Wochen in der Heimat. Wir machen wieder eine große Tour, um die ganze Familie zu besuchen: Malmö, Jönköping, Västerås und Dalarna – Erholung pur!
Ich danke ebenfalls! Schönen Sommer!